Wednesday, March 29, 2017

Tag 9: Anhalter

Lied des Tages

Der heutige Tag begann mit einem kurzen Wiedersehen mit den Leuten von gestern... naja, zumindest ein paar, einige nutzten die Chance zum Aussschlafen, das kann ich vollkommen nachvollziehen. Die linke Hüfte macht sich täglich besser, das Knie hat sich bedauerlicherweise nicht messbar verbessert, daher schien es mir unwahrscheinlich, dass ich die 110 km im Gebirge solo bewältigt bekommen würde.
Trotz tatkräftiger Unterstützung seitens der Unterkunft stellte man schnell fest, dass es keine Busverbindung für die Teilstrecken gab, und die Beförderungsregeln der japanischen Bahn sich seit gestern nicht geändert hatten. Also blieb nur eins: Einfach drauf los. Und nach ein paar hundert metern erstmal stehenbleiben und Schmerzmittel nehmen. Und weiter. Und dann, nach noch ein paar hundert metern feststellen, dass die doch recht enge Radhose meine Kniescheibe die ganze Zeit in unbequeme Positionen drückt. Also gabs nur eins (denn mitten im Schnee umziehen war keine Option): Taschenmesser raus und Kleidung zurechtschneiden. Mit einem neuen Loch am Knie ging es tatsächlich ein wenig besser, und auch die Schmerzmittel fingen langsam an zu wirken, also konnte ich mich nun mit einer unterdurchschnittlichen, aber akzeptablen Geschwindigkeit vom Fleck bewegen. Einziger Haken, wir hatten bald 11 Uhr, und ich hatte gerade mal knapp 10 km geschafft. Das Wetter war gut, aber das Gelände sehr hügelig. Zugegebenermaßen war das unter den gegebenen Umständen kein vollkommener Nachteil: Beim Schieben waren die Schmerzen geringer als beim Fahren, und bergab rollen lassen war auch nicht verkehrt, lange ebenen hätten zumindest anfangs deutlich unangenehmere Folgen gehabt. Jedoch kam ich unterm Strich doch nur schleppend voran, und als ich um 16 Uhr noch immer nicht Oshamanbe erreicht hatte, wusste ich dass ich Yakumo nicht mehr aus eigener Kraft erreichen würde.
Plan A war nun, Oshamanbe zu erreichen und dort nach öffentlichen Verkehrsmitteln für die letzten 30 km zu suchen. Plan B war Autos heranwinken und mein Glück als Anhalter versuchen. Problem hierbei war, dass alle 10 Minuten nur ein Auto kam, und die meisten entweder zu klein für mich und mein Gefährt waren, oder einfach durchfuhren. Als endlich jemand anhielt, stellte sich heraus das er landinwärts musste, während ich zur Küste wollte.
Beim zweiten Kandidaten (ca eine Stunde Später) sah es auch nicht gut aus. Er war zwar freundlich gesonnen, hatte aber wegen eines Skiausflugs 7 Kinder in seinem Van. Als er gerade weiterfahren wollte, unterbrachen ihn die Kinder aber, und verteilten sich in Sekundenschnelle so um, dass sowohl ich als auch mein Fahrrad doch noch irgendwie genug Platz hatten. Ich fragte wo der Mann hin musste, und er antwortete Yakumo. Ich sagte ihm den Namen meiner Unterkunft, und er kannte tatsächlich den Besitzer!
Nach einer knappen Stunde Fahrt, gefüllt mit einer Fragestunde für mich und Englischtraining für die Kinder, erreichten wir schließlich das Hotel. Nach kurzem Kontakteknüpfen per Facebook checkte ich ein, und nutzte umgehend die örtliche Sushi-Bar sowie das eingebaute Onsen aus. Bonuspunkte für das Onsen: Dort standen allen ernstes Steinstatuen von Pikachu und Snoopy, Sachen gibts...

Für morgen sind noch 70 km bis Hakodate vorgesehen, also die Distanz, die ich auch heute mit kaputten Beinen geschafft habe. Es gilt festzuhalten, dass hier in Yakumo praktisch kaum noch Schnee liegt, ein Trend der sich hoffentlich weiter fortsetzt. In Hakodate werde ich in den Abendstunden nach Aomori übersetzen und Hokkaido hinter mir lassen, und dann ab übermorgen das Kernstück der Reise, die Hauptinsel Honshū beginnen.

Hier das Video:

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