Wednesday, July 30, 2014

Tag 53: Verschnaufpause?

http://youtu.be/sr2nK06zZkg

Heute war die Atmosphäre ähnlich wie gestern, aber die viel kürzere Strecke machte alles deutlich erträglicher. Ich fuhr um 6 uhr los, die Etappe von gestern steckte mir noch in den Knochen, doch das Ziel war mit Barstow zum Glück eher kurz gesteckt.
Die Route 66 verläuft hier parallel zur Interstate, keine Umwege, also entschied ich mich für diesen Weg. Es gab nur ein Problem: Im Gegensatz zu gestern, wo es mit Amboy ein Ziel für Touristen gab, befand sich zwischen Ludlow und Barstow gar nichts. Dementsprechend fuhr auch niemand hier lang. Absolut niemand. Dementsprechend gab es seit Jahrzehnten keinen Grund die Strassen zu pflegen. Es war ein Meer aus Schlaglöchern. Ich habe noch nie eine so verwüstete Straße gesehen, und das will was heißen. Es dauerte fast 3 Stunden um 10 Meilen voranzukommen. Normerweise fahre ich bei ebener Strecke 13 Meilen pro Stunde. Das Gerüttel ging auch an meinem Fahrrad nicht spurlos vorbei, nach kurzer Zeit lösten sich die Schrauben einer meiner Satteltaschen, welche daraufhin einfach abfiel. Ich konnte eine halbe Stunde in der prallen Sonne auf einer Straße voller Kies eine kleine schwarze Schraube suchen. Wie durch ein Wunder habe ich sie gefunden, und zog sicherheitshalber alle anderen Schrauben nach (und ja, sie waren alle locker). Das reichte mir. Mit Hilfe konnte ich hier nicht rechnen, was bei einer schwereren Panne oder einem ernsthaften Unfall (welche beide durch die Straßenqualität provoziert wurden) brandgefährlich wäre. Ausserdem kam ich nur im Schneckentempo voran, und sobald ab 13 uhr die richtige Hitze anfängt halten meine Vorräte nicht lange. Ich schleppte mich zur nächsten Auffahrt und fuhr auf der Interstate weiter. Ich habe mich noch nie in meinem Leben so sehr über glatten Teer gefreut. Ich kam schnell und bequem nach Barstow, und überlegte sogar, noch die 35 Meilen nach Victorville weiterzufahren, doch es war bereits 13 uhr und die Hitze war kaum auszuhalten. Aufgrund meiner Erfahrungen von gestern entschied ich mich, für heute Schluss zu machen und mich etwas zu erholen.
Morgen geht's nach San Bernardino, doch auf dem weg dahin muss ich noch durch die letzten 50 Meilen Wüste und die passend benannten San Bernardino Mountains.

Tag 52: A Century in the Desert

http://youtu.be/nJuyIu26QrE

Heute war wie erwartet der härteste Tag der ganzen Reise. Was das genau bedeutet versuche ich mal zu beschreiben.
Ich bin um 3 uhr aufgestanden um der gröbsten Hitze aus dem weg zu gehen. Die Strecke war mit 90 Meilen auf der Interstate relativ lang, was durch die Hitze und nicht vorhandene Infrastruktur noch verschärft wurde. Ich fuhr im Dunkeln nach einem gezwungenermaßen minimalistischen Frühstück los, und der Sonnenaufgang über der Wüste war ausgesprochen spektakulär.
Nach nicht mal zehn Meilen kam eine Highway Patrol und hielt mich an. Der relativ junge Polizist erklärte mir, dass ich hier nicht fahren könnte, und wollte mich zur nächsten Ausfahrt mitnehmen, wo ich auf die Route 66 über Amboy fahren sollte. Meine Argumente stießen auf taube Ohren, dann wurde der Polizist angefunkt und musste weg. Er ließ mich bis zur nächsten Ausfahrt weiterfahren, solange ich nicht mehr da war wenn.er zurück käme.
Super, also musste ich zu meiner eigenen Sicherheit 10 Extrameilen durch die Wüste fahren, auf einer Strecke ohne Tankstellen. Moment, das ist das Gegenteil von Sicherheit...
Ich erreichte Essex gegen 9 uhr, und die Stadt war ausgestorben. Die angeblichen 100 Einwohner haben sich wohl gut versteckt, denn ich sah zwischen den Ruinen keine 5 Häuser und Wohnwagen, die ich als bewohnbar einschätzen würde. Der einzige Einwohner war ein verschrobener alter Mechaniker, dem ich etwas Wasser abkaufte, ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits 3 meiner 8 liter verbraucht, und der Rest wurde langsam unangenehm warm.
Die Temperatur war zu diesem Zeitpunkt noch ganz erträglich, dadurch dass ich etwas höher gefahren war als Needles umso mehr. Nach Amboy ging es bergab, und man merkte schon am Fahrtwind den Unterschied. Es fühlte sich so an als würde jemand mir einen Föhn ins Gesicht halten. Ich erreichte Roys Café gegen 13 uhr, und hatte noch 2 liter Wasser übrig. Ich kaufte 4 Liter nach, da ich noch 29 Meilen zu fahren hatte. Ich hatte gehofft, dass es dort etwas zu essen gäbe, doch alles was man mir anbieten konnte waren Instant Nudeln. Ich aß eine Portion und trank was ich konnte, und dann kamen 2 Reisebusse voller Touristen. Deutsche Touristen. Eh ich mich versah war ich von 2 dutzend Leuten umringt die mich alles mögliche fragten und Fotos machten. Gegen 2 fuhren die Busse weiter und auch ich machte mich wieder auf den weg. An diesem Zeitpunkt war die Hitze bei konstanten bei 45 grad, was meinen Wasserverbrauch in die Höhe schießen ließ. Nach der Hälfte der Strecke hatte ich nur noch eineinhalb liter Wasser übrig welche verdammt heiß waren. Ich musste nach jedem Schluck würgen. Die Kohlenhydrate der Nudeln waren auch schnell verbrannt, und trotz Müsliriegeln wurde mir vor unterzuckerung fast schwarz vor Augen. Es gab nahezu keinen Verkehr, ein Auto alle zehn Minuten, und als mir endlich jemand entgegen kam winkte ich ihn an den Straßenrand und bekam eine Flasche lauwarmes Wasser. Ich weiß nicht ob ich die letzten 7 Meilen ohne das geschafft hätte.
Ich erreichte das Ludlow Motel im Delirium, ging zur Tanke gegenüber und füllte meine Vorräte nach, aß, trank und schlief um halb 9 wie ein Stein.
100 Meilen durch die Wüste, an einem Tag. Nie wieder!

Tag 51: It's a dry heat

http://youtu.be/e4zrtUpGbp4

Heute war heiß. Ich bin jetzt mitten in der Mojave-Wüste. Ende Juli. In einer Hitzewelle. Das Resultat sind 46 Grad. Die Luft flimmert, die Metallteile an meinem Fahrrad sind zu heiß zum anfassen und abgesehen von ein paar verdorrten Sträuchern gedeiht hier nichts mehr.
Ich fuhr um halb 7 bei angenehm frischen 38 grad los. Gegen 9 Uhr sah ich eine etwas verloren wirkende Familie neben einem liegengebliebenen Auto. Ein Reifen war geplatzt, und obwohl bereits eine Frau mittleren Alters angehalten hatte und Werkzeug zur Verfügung stellte, wusste keiner so recht weiter. Da ich Zuhause schon mehrmals Winterreifen wechseln musste (an dieser Stelle sollte ich mich wohl bei meinem Bruder bedanken ;) war ich zu meiner eigenen Überraschung in der Lage zu helfen. Eine halbe Stunde bei 40 grad später war das Ersatzrad montiert. Der Lohn für meine Mühen waren viele Danksagungen, ein paar blutige Finger, 10 Dollar und eine Flasche gefrorenes Wasser.
Nahe der Kalifornischen Grenze machte ich eine kurze Pause an der einzigen Raststätte auf dem weg. Dort traf ich Pamela, eine Frau die etwas nördlich von LA lebt und mir ihr Gästezimmer anbot, falls ich in LA keine Unterkunft finde. So ein doppelter Boden tut auf jeden Fall gut. Ich erreichte Needles vor 2 Uhr, und hatte somit etwas Zeit zum entspannen und vorbereiten. Morgen ist es soweit, 90 Meilen bis zum nächsten Hotel durch die Wüste, und im Gegensatz zu heute geht es bergauf. Ich werde zusehen, dass ich bereits um 4 uhr morgens unterwegs bin, das Wetter wird vielleicht sogar heißer als heute. Ich konnte das Hotel in Ludlow nicht erreichen, aber ich gehe mal vorsichtig davon aus, dass es nicht ausgebucht sein wird. So oder so werde ich dort kein Internet haben. Ich werde den Blogeintrag trotzdem normal schreiben, und dann bei der nächsten Gelegenheit hochladen.

Tuesday, July 29, 2014

Tag 50: Zurück in die Wüste

http://youtu.be/ogkR6pzllsU

Die heutige Etappe war an und für sich recht ereignislos, wenn man von der Veränderung der Fauna absieht. Der Kaibab National Forest mit seinen Pinien liegt nun knapp 100 Meilen hinter mir, und ich bin schon wieder von Felsen, Sträuchern und Kakteen umgeben.
Es ging abgesehen von ein paar Hügeln im wesentlichen nur bergab, zwischenzeitlich ging es durch ein kleines Gebirge, die 70 Meilen entpuppten sich als überraschend abwechslungsreich.
Ich erreichte Kingman ohne größere Schwierigkeiten, und bin wieder dabei die nächsten Tage durchzuplanen.
Ab jetzt geht es für 3 Tage durch die Mojave-Wüste. Ich weiß, ich reite in letzter Zeit viel auf diesem Thema herum, aber ich war schon vor meiner Abreise auf die Wüste gespannt. Morgen geht's nach Needles, welches wahrscheinlich der heißeste Ort auf der Reise ist. Death Valley und Las Vegas sind keine 2 Autostunden entfernt.
Die morgige Strecke hat 2 Vorteile: Sie ist mit knappen 70 Meilen recht kurz, und es geht ausschließlich bergab (dass ich übermorgen alles wieder bergauf fahren muss verdränge ich für den Moment). Das heißt, ich werde morgen etwas früher als sonst aufbrechen, aber dennoch so "spät", dass ich zumindest den letzten Teil der Strecke in der vollen Hitze fahre. Übermorgen werde ich nicht drumherum kommen bei der Hitze zu fahren, also versuche ich zumindest ein Gefühl dafür zu entwickeln. Mehr Vorbereitung ist wohl nicht drin.
Ich hoffe dass ich das ganze überschätze, und die ganzen Horrorstories die mir jeder hier erzählt einfach übertrieben sind, aber gehen wir fürs erste vom schlimmsten aus und lassen uns positiv überraschen.

Monday, July 28, 2014

Tag 49: Good Times in Seligman

http://youtu.be/qjejXfZYp9Y

Heute war mal wieder ein kurzer, aber interessanter Tag.
Mit Seligman als Ziel war die Etappe eher kurz, weshalb ich etwas später als gewohnt aufbrach. Ausserdem stellte ich auf die harte Tour fest, dass Wandern ganz andere Muskeln beansprucht als Radfahren, meine Waden bringen mich um. Also gutes Timing für eine entspanntere Strecke.
Das Wetter war anfangs gut, später zog es sich aber immer weiter zu und für die letzte Stunde sah ich Konstant Blitze am Horizont vor mir. Ich erreichte Seligman zum Glück vor dem Gewitter, und checkte in der Canyon Lodge ein. Das ist das interessanteste Hotel bis jetzt, jeder Raum hat ein anderes Thema, ich hatte die Wahl zwischen Harley Davidson und Elvis, aufgrund meiner Affinität für Zweiräder entschied ich mich für Harley.
Ich war leider zu spät für einen Besuch bei Angel, dem Barbier der das Route 66 Preservation Movement ins Leben gerufen hat. Vielleicht schaffe ich es noch morgen, aber ich muss früh aufbrechen um der Hitze zu entgehen.
Das Gewitter erreichte kurz nach mir die Stadt, und ich wartete in meinem Zimmer bis es vorbei war. Als der Regen nachließ gab es tatsächlich einen doppelten Regenbogen! Es ist Jahre her das ich sowas gesehen habe.
Später ging ich noch ein wenig durch die Stadt, die ähnlich wie das Midpoint Café eine Inspiration für den Film "Cars" war. Das ist der einzige Pixar-Film den ich bis jetzt noch nicht gesehen habe. Sollte ich wohl besser nachholen wenn ich zurück in der Heimat bin.
Morgen geht's weiter nach Kingman, das sollte auch sehr machbar sein. Doch danach beginnen die wahrscheinlich härtesten (und garantiert heißesten) 3 Tage der Reise.

Sunday, July 27, 2014

Tag 48: Der Grand Canyon

http://youtu.be/mLgQ3em2JYY

Heute war es soweit, ich habe den Grand Canyon erreicht. Leider nur per Zug, aber auch das stellte sich als überraschend unterhaltsam heraus.
Es ging mit einer Wildwest-Show los, danach ging es im Zug weiter. Sowohl auf dem hin- als auch dem Rückweg gab es live Musik an Bord, ganz authentisch natürlich ein-Mann Country Bands.
Das Wetter bewölkt, mit einigen Schauern (der Regen ist mir bis zum Grand Canyon gefolgt, ich fass es nicht), aber die meiste Zeit war es relativ sonnig.
Nach guten 2 Stunden Fahrt kamen wir an. Und ich muss sagen, es ist unfassbar, praktisch unbeschreiblich, und auch die Fotos tun den gewaltigen Dimensionen nicht genüge. Es wirkt nicht wie eine Schlucht, es ist vielmehr das Negativ eines Gebirges. Man erkennt deutlich die verschiedenen Schichten der Felsen, die rote Farbe die zum Horizont hin ins blau übergeht, die Schatten der Wolken... Es ist unglaublich.
Ich hatte leider nur 3 Stunden Zeit, in welchen ich ein wenig am Rande entlang wanderte und dann ein paar Meilen auf dem Pfad nach unten und wieder zurück ging. Es ist schade dass ich nicht bis ganz nach unten gehen konnte, das hätte über 5 Stunden gedauert, und nochmal 10 für den Weg zurück nach oben.
Natürlich habe ich eine Wagenladung Fotos geschossen, einige werde ich versuchen hochzuladen.
Auf dem Rückweg wurde der Zug noch von "Banditen" ausgeraubt, und dann war es auch schon vorbei.
Es ist verdammt schwierig so ein Erlebnis in Worte zu fassen, ich bin immernoch etwas überwältigt. Vielleicht kann ich irgendwann hierher zurück, ich sollte mir nur ein Jahr im voraus eine Lodge mieten.
Morgen bin ich wieder auf der Straße, das Ziel ist Seligman. Von dort geht es dann übermorgen weiter nach Kingman, und dort beginnt die Mojave-Wüste.