Tuesday, April 11, 2017

Tag 22: I get knocked down

...but I get up again.

Wo fange ich an? Die kurze Zusammenfassung wäre, dass heute wahrscheinlich der schlimmste Tag aller meiner Reisen gewesen sein könnte. Ursprünglich wäre der Blog wahrscheinlich relativ kurz und voller Euphemismen gewesen, oder alternativ nur mit Fluchwörten vollgekleistert, aber stattdessen ist es glaube ich besser, einfach neutral zu erzählen was so alles passiert ist.

Nach einem ziemlich minimalistischen Frühstück ging es bei Regen los. Der Wetterbericht für den Tag sah übrigens ungefähr so aus:


Der Regen war relativ schwach, und da es praktisch den ganzen Tag so weitergehen sollte, wäre das zumindest aushaltbar. Aber nein, nach der ersten halben Stunde fahrt verschärfte sich der Regen; zwar nicht auf Wolkenbruchniveau, aber so die Intensität, bei der man die Scheibenwischer auf dauerbetrieb schaltet. Das war ab jetzt der Standard, heftigere Schauer waren möglich, aber schwächer wurde es nicht. Innerhalb von kürzester Zeit war ich nass bis auf die Knochen, und der (zugegebenermaßen von hinten kommende) Wind plus generell kalte Temperaturen machten die Sache nicht gerade angenehmer. Aber das ist ja nicht wirklich tragisch (oder ungewöhnlich).
Als nächstes versagte Google Maps vollständig. Die einzigen Routenvorschläge (trotz Option "keine Schnellstraßen") gingen über Schnellstraßen (sprich: Fahrradverbot). Aber hey, da waren ja Schilder für einen Radweg in Richtung Hamamatsu!



Jep, genau 3 Schilder auf den ersten 5 km, danach kamen keine mehr. Jop, vielen Dank für nichts. Aber auch das ist nicht tragisch, mittels der normalen Karten von Google Maps konnte ich ja einen anderen Weg finden, wie in alten Zeiten. Vielleicht nicht ganz so direkt wie die Schnellstraße, aber naja.
Die Alternativroute führte dummerweise über einen Gebirgspass. Ergo konnte ich bei strömendem Regen und Sturmböen wieder eine knappe Stunde schieben. Spaß pur. Aber immerhin hatte ich eine gute Aussicht (gute Aussicht heißt hier 1 km Sichtweite, und was man sieht war regenbedingt grau auf grau).

 Nach ein paar Stunden auf und ab erreichte ich schließlich Hamamatsu, und auch der Regen machte (nach 4 Stunden kalter Dusche) endlich eine Pause. Klar war ich durchnässt und am schlottern, aber zumindest bestand jetzt die Chance, ein wenig zu trocknen. Und hey, außer Nässe und Pech bei der Routenführung war nix weiter passiert... klar, der Tag war gelaufen und die Laune recht niedrig, aber das geht vorbei.



Und dann habe ich mich erstmal hingelegt (also auf die Nase). Kontext: In japanischen Innenstädten sieht man oft gelbe, gerillte Bodenplatten in der Mitte des Bürgersteigs. Die Dinger sind auch trocken überraschend rutschig, und dienen (meines Verständnisses nach) einzig und allein dazu, die Überbevölkerung zu bekämpfen indem jedes Jahr ein paar Radfahrer aussortiert werden (Und nur das es keine Missverständnisse gibt, in Japan fahren Fahrräder gesetzmäßig auf dem Bürgersteig, nicht wie bei uns auf der Straße). Mir ist schon öfter mal das Vorderrad auf diesen Dingern flöten gegangen, aber man kann das normalerweise auffangen, wenn man schnell genug ist. Diesmal jedoch war der Leim an meinem Lenkergriff von der Nässe locker, und als ich reagieren wollte, hatte ich mir einem Ruck den Griff in der Hand, und segelte nach links zu Boden.
Tja, wieder einmal Glück im Unglück gehabt, denn es ist buchstäblich nichts passiert. Ich machte mir sorgen um die Elektronik im Rucksack oder das Handy in der linken Hosentasche, aber alles einwandfrei. Kratzer oder Prellungen? Nope. Aufgeratschte Klamotten? Fehlanzeige. Ich steckte den Griff wieder an und fuhr normal weiter.
Der Tag war ärgerlich, aber irgendwie doch ohne Konsequenzen. Klar, 4 Stunden im Frühjahrsregen (der Inzwischen wieder zurückkehrte) sind nicht so prall, aber man trocknet ja wieder, und trotz umständlicher Route und Verfahrern lag ich noch recht gut in der Zeit. Und hey, immerhin hatte ich keine Panne!

Und es knackte und die nächste Speiche verabschiedete sich.

Natürlich war um die Ecke ein Fahrradladen, und natürlich konnten sie mir hellfen (ich habe also noch meine Reservespeiche), auf die goldene Regel ist also noch verlass. Nichtsdestotrotz sollte ich bei nächster Gelegenheit in einen Seitenschneider investieren (und bei meiner Rückkehr in ein neues Hinterrad). Man kann ein paar Tage mit reduzierter Speichenanzahl fahren, und ein paar Tage sind inzwischen praktisch alles was noch fehlt. Für den Moment hat mein Rad jetzt 2 silberne Speichen, und ich habe auf dieser Fahrt schon deutlich mehr Zeit und Geld in Reparaturen inverstieren müssen, als ich je gedacht hätte.

Nach der Reparatur fing der Himmel an ein wenig klarer zu werden, und man sah stellenweise ein wenig blau. Also, hinter mir natürlich, vor mir wurde es zusehends dunkler und fing (überraschung) wieder an zu regnen.


Aber inzwischen (seit dem Sturz um ehrlich zu sein) war mir das alles relativ Wurscht. Irgendwie, als ob das Maximum an Frust erreicht und überschritten wurde, und man wieder bei Entspannung anfängt. Praktisch ein Integer-Overflow des Frusts. Also keine Sorge, so sarkastisch dieser Eintrag auch klingen mag, mir geht's gut.

Gegen 18:30 erreichte ich mein Ziel, und hatte mein Abendessen im Sukiya nebenan.


Sukiya ist übrigens eine japansiche Fast Food Kette, ich passiere jeden Tag bestimmt 10 davon, heute war aber das (längst überfällige) erste mal, dass ich selbst Fuß in einen der Läden setzte. Klar, keine Haute-Cuisine, aber ein solides Preis-Leistungs-Verhältnis. Außerdem muss ich ja irgendwie alle Fast-Food Ketten einmal testen.
Nach einer kleinen Auszeit im Onsen ist der Tag jetzt endlich vorbei, morgen geht es weiter nach Nagoya. Immerhin kann mich jetzt nichts mehr schocken ;)

Und ein kleines Video:


Bonustrack

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