Saturday, April 1, 2017

Tag 12: Another Winter

Lied des Tages

Der Plan für heute war an und für sich recht simpel: Erst einmal von Hachinohe gut 30 km landinwärts fahren, dann bei Ninohe auf die von gestern bekannte Route 4, und der dann durch Ichinohe bis nach Morioka folgen, insegesamt 116 km. Eine stolze Nummer, aber gestern waren es auch über 100, und der weg ab Ninohe folgt im Groben einem Flusslauf, also sollte ab dort alles recht einfach werden. Gemeldet waren leichte Regenschauer und Wolken, also so ähnlich wie gestern.
Soweit die Theorie.
In der Praxis sah es anfangs ganz gut aus, das Wetter war etwas sonniger als erwartet, aber dafür musste ich aus Hachinohe raus erstmal einen ordentlichen Hügel hoch (das war nicht ganz unerwartet, da der Ort am Meer liegt und ich gestern auch eine längere Abfahrt ins Stadtinnere hatte).
Was nicht auf dem Plan stand, war das nach dem ersten großen Hügel ein zweiter, größerer folgte. Und danach noch einer. Und so weiter und so fort. Im wesentlichen waren es viele überraschend steile kleine Hügel hintereinander, aber jeder etwas höher als der zuvor. Mein Knie (welches anscheinend eine schöne Parabel beschreibt, was Funktionstüchtigkeit angeht) hat mir hierbei natürlich besonders Freude bereitet, da es zunächst keine wirklich nutzbaren Abfahrten oder geraden gab, immer nur schieben (da ich nicht feste treten konnte), dann für ein paar Sekunden rollen lassen, repeat.
Tatsächlich schaukelte sich das ganze irgendwann so hoch (buchstäblich), dass ich auf einer Anhöhe ankam, die gleichauf mit den Bergen am Horizont war. Natürlich war ich wieder umgeben von Schnee, und der angekündigte Regen brachte in der Höhenlage auch nur noch mehr Schnee hervor. Nach ein paar Stunden kam dann endlich die Abfahrt ins Tal nach Ninohe. Die Sonne schien wieder, die ersten 30 km waren geschafft, und mein Knie pochte. Der Haken an der Sache: Wir hatten schon 14 Uhr, und ich hatte noch 80 km zu fahren.
Zumindest war ich wieder auf der Route 4, und das Gelände war ebener, (und tatsächlich auch deutlich hübscher anzusehen) und es lag kaum noch Schnee. Wenn ich also 15 km/h halten konnte, würde ich es noch zu einer sinnvollen Uhrzeit ins Hotel schaffen.
Anfangs konnte ich wieder Zeit gut machen, aber mein weg führte Flussaufwärts durchs Tal, dementsprechend war eine kontinuierliche leichte Steigung unvermeidlich.




 An einigen Punkten löste sich die Straße jedoch vom Fluss, und man merkte mit der Zeit, dass es dennoch stets bergauf ging, und nie Bergab. Nach und nach kam der Schnee am Straßenrand zurück, und wurde immer höher. Gegen 4 hatte ich immernoch 60 km zu fahren, ein Ankommen bei tageslicht war also ausgeschlossen. Und zu guter letzt fing es auch noch an zu schneien, und zwar richtig. Zusammengefasst: Nach Ninohe und auch nach Ichinohe wurde es nicht einfacher.
Als ich um 17 Uhr immernoch knapp 50 km vor mir hatte, seit 2 Stunden ohne unterlass bergauf fuhr, die Sonne nicht mehr zu sehen war, die Temperaturen auf 2 Grad (Tendenz sinkend) fielen und der Schnee nicht aufhören wollte, fing ich wieder an, Autos heranzuwinken. Das war jedoch ein wenig problematisch, da wieder nur alle 5-10 Minuten ein Auto vorbeikam, und dazu meistens Kleinwagen.
Nach einer halben Stunde (während der ich weiter bergauf schob) hatte ich Erfolg. Ein überdachter Pritschenwagen hielt an, und bot an, mich bis nach Morioka mitzunehmen. Der Fahrer, Myagi, war auf dem Weg nach Sendai. Ich nahm dankend an, und so machten wir uns auf den Weg. Unterwegs haben wir uns (so gut es eben ging) über einige Themen unterhalten, und ich habe sogar ein paar Dinge in Erfahrung bringen können. Akut relevant: Der Anstieg auf dem ich mich befand ging insgesamt auf fast 500 Höhenmeter hoch, und war tatsächlich der höchste Punkt der gesamten Route 4 (mit anderen Worten, die nächsten Tage sollten theoretisch etwas einfacher werden). Nachdem wir diesen Punkt passiert hatten, ging es erstmal bergab, der Schnee verschwand wieder, und der Schneefall wurde durch ordentlichen Schneeregen ersetzt. Eine weitere Sache war die Namensgebung der Städte: Nohe heißt anscheinend soviel wie Stadt, und Morioka war wohl früher eine Grenzstadt. Die Orte dahinter sind einfach durchnummeriert die Orte hinter der Grenze. Dementsprechend bin ich heute in 8-Stadt (Hachinohe) gestartet, und über 2-Stadt (Ninohe) und 1-Stadt (Ichinohe) nach Morioka gereist.
Myagi hielt zwischenzeitlich an einer Tankstelle und brachte mir ungefragt etwas zu trinken mit, danach lieferte er mich bei der Tür des Hotels ab und erklärte ihnen mein Bein-Problem, weswegen ich neue Bandagen zusätzlich zu meinem Zimmerschlüssel bekam (gutes Timing, denn der Vorrat aus Kutchan war gerade aufgebraucht).
Ich bedankte mich, er wollte (ebenfalls) keine Gegenleistung und fuhr direkt weiter.
Nachdem ich ich kurz im Hotel ausgeruht hatte, ging ich erstmal kurz in die Stadt, um (auf Empfehlung der Rezeption) in einem Stadtbekannten Restaurant (Pyonpyonsya) die örtliche Spezialität, Rei-men zu testen, sowie Yakiniku.


Yakiniku war tatsächlich wie ein Mini-Raclette, man bekam Fleischstreifen und Soße, sowie ein paar Beilagen, und konnte diese dann in den im Tisch eingebauten Grills braten. Daumen hoch, superlecker.


Rei-Men hingegen... ist offen gestanden nicht so meins. Anscheinend wurde es in diesem Restaurant von einem Koreaner erfunden, und hat sich über zahlreiche Nachahmer zum Gericht der Stadt hochgeschaukelt. Was es ist? Dicke, schlüpfrige Glasnudeln aus Kartoffelstärke, in einer Brühe mit Gemüse, Fisch, Ei, Kimchi und Melone. Ach ja, und das ganze wird natürlich kalt gegessen. Es sah liebevoll gemacht aus, und der Geschmack war definitiv einzigartig, aber ein Fan werde ich zu Lebzeiten sicher nicht mehr. Aber hey, probieren geht über studieren, und ich träume immernoch vom Butadon aus Obihiro.
Zum Abschluss gings noch ins (kleine, dafür aber im 14. Stock gelegene) Onsen des Hotels, und jetzt sollte ich hoffentlich erholt genug für die morgige Etappe nach Ichinoseki sein.



Hier noch das Video (diesmal wirklich):



Bonustrack

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